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Reisebericht Kuredu, Lhaviyani-Atoll

Kuredu im Januar 2001- Persönlicher Reisebericht von Daniel Bär

6. Mantas. Von der Kunst, in einer Gruppe zu schnorcheln, die keine ist

Das Frühaufstehen hat sich heute nicht gelohnt. Das Boot, für das wir eigentlich angemeldet sind, ist schon voll. Da wir uns auf der (bereits vollen) Liste noch unten hin gemogelt haben, dürfen wir nicht mitfahren, obwohl man uns tags zuvor sagte, das sein "kein Problem"; ist es jetzt aber doch. "Kein Problem" denken wir, das Wetter ist heute ohnehin beschissen. Es ist sehr bedeckt und sieht nach Regen aus. Wir tragen uns für den nächsten Tag ein und trollen uns mitsamt unserem Equipment wieder Richtung Bungalow. Das Boot fährt schließlich ohne uns direkt in den aufkommenden Regen und wir sind so traurig nicht, daß es heute nicht geklappt hat.

Am nächsten Morgen ist das Wetter besser und wir können endlich los. Wir sind eine Gruppe von acht Leuten. Laut Bedingungen für diesen Ausflug sollte man mindestens einmal vorher auf einem Schnorchelboot gewesen sein, da die Tour als "advanced snorkeling" ausgewiesen ist. Als ich mir so die anderen in der Gruppe und deren Equipment ansehe, denke ich schon, daß wir drei uns durchaus als "fortgeschrittene Schnorchler" betrachten dürfen, was sich im Laufe der Tour auch bestätigen wird. Ein paar müssen sich Brille, Schnorchel und Flossen ausleihen, um überhaupt dabei sein zu können.

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Dann steigen wir ins Boot. Die Crew besteht aus drei Maledivern, die zwischen 40 und 70 Jahre alt sind, wobei der "Jüngste" der Kapitän des Bootes ist und die "Älteren" sich um alle anderen Dinge kümmert. Dazu gehört die Versorgung mit Kokosnuß, Hilfe beim Ein- und Aussteigen und Los- und Festmachen des Bootes. Phil ist unser Guide, ein junger Kerl aus London, der gerade mal drei Monate auf Kuredu arbeitet. Ebenfalls aus London sind zwei beleibte Damen, die speziell der maledivischen Crew noch viel Vergnügen bereiten werden.

Bevor es endgültig losgeht, muß die Bordbatterie noch ausgetauscht werden, denn der Motor springt nicht an. Dann knattern wir los, vorbei an einer unbewohnten Insel, auf der nur Kokosnüsse geerntet werden, vorbei an der Einheimischen-Insel "Felivaru", die 5.000 Menschen beherbergt und vorbei an weiteren Trauminseln des Atolls.

Das eintönige Knattern des Diesels läßt plötzlich nach. Der "Ältere" aus der Crew steht am Bug und zeigt auf´s Wasser. Mantas. Die mächtigen Schwingen der auch "Teufelsrochen" genannten Tiere durchbrechen die Wasseroberfläche. Phil läßt eilig das Boot stoppen und wir beeilen uns, ins Wasser zu kommen. Der Einstieg gestaltet sich einfacher als ich dachte und im Wasser angekommen, stecke ich sofort den Kopf ins Meer. Wir befinden uns mitten unter einer Gruppe von Mantarochen, die bis zu einer Größe von sieben Meter Spannweite heranwachsen können. Diese hier sind zwar "nur" zweieinhalb bis drei Meter groß, doch ihr Anblick ist nicht weniger imposant. Sie schweben durch das planktonreiche Wasser, nehmen mit ihrem Maul, das von vorne betrachtet aussieht wie ein riesiger Kühlergrill, Unmengen von Wasser auf und filtern daraus die Kleinstlebewesen wie Krill und kleine Krebse heraus.

Um die sechs, sieben dieser gewaltigen Tiere schwimmen mit uns hier herum, ohne von uns in irgendeiner Form Notiz zu nehmen. Sie kommen direkt auf uns zu und tauchen ab und schwimmen unter uns durch. Es ist ein irres Gefühl und Kerstin sucht Holgers Nähe, da ihr diese Szenerie nun doch etwas unheimlich vorkommt. Er nimmt sie an die Hand, was ihr daraufhin die größte Aufregung nimmt. Ich selbst blicke gerade ins blaue Nichts als Kerstin mir signalisiert, ich solle mich doch einmal umsehen. Genau hinter mir schwimmt ein Riesenexemplar ganz dicht vorbei, und ich schaffe es nach dem ersten Schreck gerade noch, mit meiner Unterwasserkamera abzudrücken. Es ist einfach gigantisch, diesen Tieren so nahe zu sein und sie beobachten zu können. Wir sind versöhnt mit der Welt, denn mit "Mannis" haben wir wirklich nicht gerechnet.

Wir sind wieder im Boot und machen uns auf den Weg zum Schiffswrack. Wir stehen noch unter dem gewaltigen Einfluß des eben Erlebten, als wir das Wrack in der Ferne schon sehen. 15 Kilometer im Südwesten von Kuredu liegen zwei alte Wracks nur 50 Meter voneinander entfernt in 30 Meter Tiefe auf weißem Sand. Das eine liegt flach auf der Seite, das andere steht mit dem Heck in 30 Meter Tiefe auf, lehnt an einer Korallenwand und ragt mit dem Bug 5 Meter aus dem Wasser heraus.

Warum die beiden japanischen Kühlschiffe 1980, mitsamt ihrer Ladung, hier versenkt wurden, ist unbekannt. Die Wracks sind über und über mit Korallen besiedelt und ein Schnorchelgang hier ist eine aufregende Sache, außer man ist 15 Minuten vorher einer Gruppe Mantas begegnet. Von der Schnorchelgruppe, mit der wir gemeinsam im Wasser sind, entfernen wir uns jetzt ein wenig, da wir schon zu oft von Flossenschlägen getroffen worden sind und Kollisionen scheinbar unvermeidbar sind.

Die Strömung am Schiffswrack ist heute nicht so stark wie sonst, und wir können problemlos um das Schiff herumschwimmen. An anderen Tagen ist dies nicht möglich, da die Strömung an der Rückseite des Wracks so stark ist, daß sie einen Schnorchler sofort ins offene Meer zieht. Eine Rückkehr ist dann nicht mehr möglich, es sei denn, man ist mit einem Boot unterwegs, das einen wieder aufnehmen kann. Unser letzter Schnorchelgang führt uns an "The Wall", ein Riff an einer im Südwesten vorgelagerten Insel, was wirklich wunderschön ist und an dem man stundenlang schnorcheln kann, denn es tauchen immer wieder neue Fische und auch Adlerrochen auf, die zu beobachten kaum langweilig wird.

Der Ausstieg aus dem Boot ins Wasser gestaltet sich für eine der beiden beleibten Damen aus London etwas komplizierter, da es nun von der anderen Seite des Bootes ins Wasser geht, an der sich keine Leiter befindet. Zwischen Reling und Sitzbank klemmt sie nun, und es gibt weder ein Vor noch Zurück. Die sonst so zurückhaltende maledivische Crew kann sich ein Lachen nicht mehr verkneifen, und die Engländerin versucht, sich mit Dreh- und Schlängelbewegungen aus ihrer Zwangslage selbst zu befreien. Erst mit Mühe gelingt es ihr, frei zu kommen und so plopt sie wie ein Sektkorken aus der Flasche ins Wasser. Die Freude der Crew war so groß, dass sie auch der Wiedereinstieg der Dame ins Boot erneut erheitert hat. Gegen 12 Uhr 30 sind wir wieder zurück am Steg und verleben des Rest des Tages und des Abends in einem trance-ähnlichen Zustand angesichts der Mantas, denen wir begegnet sind.